Publikationen

Kurdische Studien 2/2001

Titelseite
Titel:
Kurdische Studien
1. Jahrgang 2001, Ausgabe 2
Info:
Kurdische Studien
ISSN 1617-5417
1 (2001) 2

Frage stellen

Kurdische Studien
1. Jahrgang 2001 Heft 2

Editorial

Die zweite Ausgabe der Kurdischen Studien liegt vor – Zeit, ein erstes Resumée zu ziehen. Wir freuen uns über die zahlreichen positiven Rückmeldungen sowie vor allem darüber, dass wir bereits einige Abonnenten und Abonnentinnen gewinnen konnten und die Fachzeitschrift selbst außerhalb der Bundesrepublik auf Interesse stößt. Ein Missverständnis gilt es allerdings aufzuklären: Im Editorial der ersten Ausgabe haben wir geschrieben, dass das Fach Kurdologie »bisher an keiner deutschen Universität dauerhaft etabliert« sei. Hier ist hinzuzufügen: Natürlich gibt es einige (wenige) Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen in Deutschland, die sich seit Jahren mit kurdologischen Themen befassen – der prominenteste unter ihnen dürfte Philip G. Kreyenbroek, Professor an der Universität Göttingen, sein. Die »kurdologische Tradition« der Göttinger Iranistik reicht sogar bis in das Jahr 1975 zurück, damals forschte und lehrte der kürzlich verstorbene David Neil MacKenzie dort zu kurdologischen Themen. Allerdings ist auch in Göttingen die Fortsetzung kurdologischer Forschung vom Engagement solcher Einzelpersonen abhängig und keinesfalls institutionell verbürgt.

Zum Inhalt dieser Ausgabe sind aus unserer Sicht zwei Bemerkungen zu machen: Aus aktuellem Anlass haben wir uns kurzfristig entschlossen, einen Aufsatz zum Thema »Politischer Islam bei den Kurden« von Michiel Leezenberg aufzunehmen. Eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem Thema Islam im Allgemeinen und politischer Islam im Besonderen scheint nach dem 11. September 2001 nötiger denn je. Zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Editorials dauert der Krieg in Afghanistan an, gleichzeitig werden weitere mögliche Ziele ins Auge gefasst. An prominenter Stelle wird dabei auch immer wieder der Irak genannt. Sollten sich die USA also entscheiden, anders als im Zweiten Golfkrieg, einen Sturz des irakischen Regimes zu erzwingen, stellt sich die Frage nach den Folgen für den kurdisch verwalteten Nordirak. Die ablehnende Haltung der Türkei gegenüber einem Machtwechsel im Irak und die fragile Struktur des Anti-Terror-Bündnisses sprechen zwar gegen diese Option, andererseits verhandeln Ankara und Washington bereits über einen Einmarsch der Türkei in den Nordirak, sofern nach einem Schlag gegen Saddam Hussein dort ein Machtvakuum entstehen sollte. Die Rezension zu Werner van Gents Buch »Der Geruch des Grauens« in dieser Ausgabe beschäftigt sich u. a. mit den Handlungsmotiven der USA im Zweiten Golfkrieg – ein Thema, das vor dem oben skizzierten Hintergrund ganz neue Aktualität erhalten hat.

Erwähnenswert in Bezug auf die vorliegende Ausgabe ist ferner, dass sich eine Art »Schwerpunkt« ergeben hat: Zwei Aufsätze und eine Rezension stammen von Mitarbeitern der Forschungsstelle für interkulturelle Studien der Universität zu Köln (FiSt). Klaus Jünschke macht am Beispiel eines minderjährigen kurdischen Flüchtlings in Köln deutlich, wie Verweigerung von Integration und Kriminalisierung ineinander übergehen können, Markus Ottersbach untersucht die Bedeutung ethnischer Gewerbe bei kurdischen Unternehmern in der Bundesrepublik, und Sami Altintop liefert eine ausführliche Rezension des dreibändigen Werks des Orient-Intituts Hamburg zu den Aleviten. So unterschiedlich die einzelnen Themen sind, so teilen doch alle Beiträge die zentrale theoretische Grundannahme von der »Ethnisierung sozialer Konflikte« bzw. der grundsätzlichen Problematik ethnischer (Selbst-)Zuschreibungen und sind damit geeignet, eine interessante Debatte innerhalb der kurdischen Studien anzustoßen.

Wir danken für das Interesse an unserer Zeitschrift und hoffen, dass auch die zweite Ausgabe der Kurdischen Studien auf positive Resonanz stößt. Einmal mehr bitten wir alle Leserinnen und Leser, unsere Arbeit durch Veranstaltungshinweise, Anregungen und Kommentare sowie durch die Werbung weiterer Abonnenten und Abonnentinnen zu unterstützen.

Inhalt

  • Michiel Leezenberg:
    Politischer Islam bei den Kurden
  • Joost Jongerden:
    Wo ein neues Leben beginnt – Zentraldörfer, Modernität und Identität in der zeitgenössischen Türkei
  • Klaus Jünschke:
    »Unbewusst habe ich das gemacht«:
    Als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling in Köln
  • Markus Ottersbach:
    Gesellschaftliche Karrieren kurdischer Selbständiger in der Bundesrepublik Deutschland
  • Geoffrey Haig:
    The Corpus of Contemporary Kurdish Newspaper Texts (CCKNT):
    A pilot project in corpus linguistics for Kurdish
  • Dokumentation
    Die »kommunistische Bedrohung« und Kamuran Bedir-Khan, Damaskus, 9. März 1940 (JORDI TEJEL)
  • Rezensionen
    Ammann, Kurden in Europa (ANDREAS ACKERMANN); Navend, KurdInnen in der Bundesrepublik Deutschland (CARINA GROSSER-KAYA); van Bruinessen, Kurdish ethno-nationalism versus nation-building states (EVA SAVELSBERG); Ibrahim & Gürbey, The Kurdish conflict in Turkey (GEOFFREY HAIG); Engin & Franz, Aleviler = Alewiten (SAMI ALTINTOP); Yazicioglu, Das Asylgrundrecht und die türkisch-kurdische Zuwanderung (SIAMEND HAJO); van Gent, Der Geruch des Grauens (SUSANNE SCHMIDT)
  • Zeitschriftenschau
  • Tagungsberichte
    »The predicament of Kurdish refugees and internally displaced Kurds«,
    Fairfax, Virginia, September 22–24, 2001 (ÖSTEN WAHLBECK)
  • Termine

 

15. Oktober 2019