Publikationen

Kurdische Studien 1/2002

Titelseite
Titel:
Kurdische Studien
2. Jahrgang 2002, Ausgabe 1
Info:
ISSN 1617-5417
2 (2002) 1

Frage stellen

Kurdische Studien
2. Jahrgang 2002 Heft 1

    Editorial

    Die dritte Ausgabe der Kurdischen Studien präsentiert zum einen Ergebnisse verschiedener Kongresse: So werden mit den Aufsätzen von Daniel Müller, Konrad Hirschler und Helmut Mejcher Beiträge veröffentlicht, die als Vorträge auf einer Konferenz der Kurdologie-AG der Universität Hamburg gehalten wurden, die vom 17. bis 19. November 2000 unter dem Titel »Der ungelöste Konflikt: Zur aktuellen Situation der kurdischen Bewegungen« in Hamburg stattfand. Über die Darstellung fortdauernder Menschenrechtsverletzungen und staatlicher Repression gegen die kurdische Bevölkerung hinaus war es Ziel dieser Konferenz, die innerkurdischen, regionalen und geostrategischen Faktoren zu untersuchen, die zur aktuellen Situation der kurdischen Nationalbewegungen geführt haben. Es war beabsichtigt, eine Brücke zwischen politischem Aktivismus und akademischem Diskurs zu schlagen sowie einen Beitrag zur selbstkritischen und öffentlichen Reflexion über die jüngere kurdische Geschichte zu leisten. Die für diese Ausgabe der Kurdischen Studien ausgewählten Konferenzbeiträge befassen sich mit der bislang wenig beachteten Geschichte der kurdischen Minderheit in der ehemaligen Sowjetunion, dem Einfluss geostrategischer Faktoren auf die kurdische Region und mit verschiedenen Debatten um eine nationale kurdische Geschichtsschreibung. Die Möglichkeit, sie in den Kurdischen Studien zu veröffentlichen, ist vor allem Irene Dulz und Achim Rohde zu verdanken, die an der vorliegenden Ausgabe als »außerordentliche« Mitglieder der Redaktionsleitung entscheidend mitgewirkt haben.

    Auch der Aufsatz von Andreas Wimmer wurde ursprünglich für eine Tagung verfasst, nämlich für die im Mai 1998 durchgeführte Konferenz »Between Imagination and Denial: Kurds as Subjects and Objects of Political and Social Processes« der Kurdistan-AG der Freien Universität Berlin. Wimmer reflektiert in seinem Beitrag das (vorläufige) Scheitern des Nationsbildungsprozesses im kurdisch verwalteten Nordirak und präsentiert dabei einen von der üblichen Betrachtungsweise, die hierfür in erster Linie die Unfähigkeit zur Kooperation zwischen KDP und PUK bzw. Barzani und Talabani verantwortlich macht, leicht abweichenden Erklärungsansatz. Es ist vorgesehen, in den folgenden Ausgaben der Kurdischen Studien in unregelmäßiger Folge einige weitere Beiträge dieser Konferenz zu publizieren.

    Zum anderen führt der Aufsatz von Carsten Borck eine Debatte fort, die in der letzten Nummer der Kurdischen Studien mit einem Beitrag von Markus Ottersbach eröffnet wurde: die Debatte um die Bedeutung von Ethnizität für kurdische Unternehmer und Unternehmerinnen. Die sehr unterschiedlichen Zugänge der beiden Arbeiten zum Untersuchungsgegenstand schlagen sich in dezidiert voneinander abweichenden Ergebnissen nieder: Ottersbach kommt zu dem Schluss, dass die Unternehmen der von ihm interviewten kurdischen Geschäftsleute nicht als »ethnische Ökonomien« bezeichnet werden können bzw. dass »ethnische Ökonomien« insgesamt eine immer unbedeutendere Rolle spielen. Dies spiegelt seiner Meinung nach die geringe Bedeutung wider, die (kurdische) Unternehmer und Unternehmerinnen als solche ihrer ethnischen Identität beimessen. Borck hingegen argumentiert, dass – obwohl nicht von einer eigenständigen »kurdischen Ökonomie« gesprochen werden kann – der Faktor Ethnizität für kurdische Unternehmer und Unternehmerinnen dennoch in ganz unterschiedlichen und durchaus spezifischen Weisen relevant wird, wobei er den gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen eine bedeutende Rolle zuschreibt.

    Hingewiesen sei noch auf eine Erweiterung der Rubrik »Rezensionen«: Wir haben uns entschieden, in Zukunft auch literarische Arbeiten zu rezensieren, die sich mit »kurdischen« Themen befassen. Insbesondere die Arbeiten kurdischer Autoren und Autorinnen sind unserer Auffassung nach noch zu selten Gegenstand der Literaturkritik. Den Anfang einer solchen Auseinandersetzung macht in dieser Ausgabe Michaela Schmidt mit einer Rezension der Steppenrutenpflanze von Yusuf Yeşilöz. Der Schwerpunkt soll jedoch nach wie vor auf der Kritik wissenschaftlicher Publikationen liegen.

    Zum Schluss möchten wir allen Lesern und Leserinnen für ihr Interesse an unserer Zeitschrift danken. An Kritik und Stellungnahmen sind wir auch weiterhin sehr interessiert.

    Inhalt

  • Daniel Müller
    Fata Morgana mit Folgen – Das „Rote Kurdistan“ in Sowjetaserbaidschan
  • Konrad Hirschler
    Diskursive Räume in der PKK – Eine Studie zur kurdischen Geschichtsschreibung
  • Helmut Mejcher
    Ökonomische Interessen in Kurdistan: Erdöl und Wasserreichtum als Hindernisse für die kurdische Unabhängigkeit
  • Carsten Borck
    Marketingstrategien, Identitätspolitik und ethnische Netzwerke: Kurdische Unternehmer in Berlin und der „ethnische Faktor“
  • Andreas Wimmer
    From subject to object of history-The Kurdish movement in northern Iraq since 1991
  • Dokumentation
    Wessen Hamidiye? Ein kritischer Blick auf den sunnitischen Faktor bei der Aufstellung kurdischer Stammesregimenter unter Sultan Abdülhamid II. (JANET KLEIN)
  • Rezensionen
    Wehr, Rechtsverständnis und Normakzeptanz in ethnopluralen Gesellschaften (EVA SAVELSBERG); Yalkut-Breddermann, Das Volk des Engel Pfau (IRENE DULZ); van Bruinessen, Mullas, sufis and heretics (PHILIP G. KREYENBROEK); Mater, Mehmets Buch (SABINE SKUBSCH); Dulz, Die Yeziden im Irak (SIAMEND HAJO); Yesilöz, Steppenrutenpflanze (MICHAELA SCHMIDT)
  • Zeitschriftenschau
  • Tagungsberichte
    „Women, violence and the politics of mobilizing resistance: The case of Kurdish Women“, Paris, February 22, 2002 (CHRISTINE ALLISON)
  • Termine
  • Abstracts
  • English Abstracts
  • Die Autorinnen und Autoren

 

15. Oktober 2019